6.07.2017

Bergbau in Münster und der Mythos Lindenberg

Ortsgeschichte im Spannungsfeld zwischen historischen Fakten, Strukturwandel, Politik und Lokalpatriotismus

Der Bergbau spielte in der Geschichte Deutschlands und der Lahn-Taunus-Region schon immer eine besondere politische Rolle. Nicht zuletzt auch deshalb, weil das Bergrecht und die Privilegien der Ressourcenverwertung zum Aufbereiten von Edelmetallen, Eisen, Schiefer, Marmor und anderen Grundstoffen, den Landesherren und Staatseliten Reichtum und Macht sicherte.

Tatsächlich trugen aber volkswirtschaftlich betrachtet, Landwirtschaft und Ernährungsgewerbe, Textil und Bekleidung, Baugewerbe und Holzverarbeitung, sowohl in Beschäftigtenzahlen als auch Wertschöpfung weit stärker zum Lebensunterhalt und wirtschaftlichen Entwicklung der Bevölkerung im ländlichen Raum bei.

Doch Eisen und Stahl schaffen Schwerter und Pflugschare, Kanonen und Eisenbahnen, was den Staatsmann und Gründer des Deutschen Reichs, Fürst Bismarck zur Erkenntnis brachte: Deutschland kann nicht durch Reden oder Mehrheitsbeschlüsse die Fragen der Zeit lösen, sondern nur durch Eisen und Blut.

 

Der Wandel vom Agrarstaat zur Industrienation war ohne Bergbau, Eisen- und Stahlindustrie nicht möglich. Und ohne Kriegswirtschaft und die Rohstoffblockade der Alliierten wäre 1941 die Grube Lindenberg in Münster nicht wieder durch neu erschlossene Erzlager reaktiviert worden. Die bereits 1836 vom Fürsten zu Wied in dessen Forstgebiet eröffnete Erzgrube war derart ergiebig, dass sie erst  1970, als letzte Eisen-Grube im Kreis LM-WEL aus wirtschaftlichen Gründen den Betrieb einstellen musste.

Der Lindenberg war ein Segen für Münster und im Besonderen für die nach dem Krieg eingewiesenen Heimatvertriebenen aus den deutschen Ostgebieten. Viele von ihnen kamen dort wieder zu Arbeit und Brot und konnten sich eine neue Existenz aufbauen.

 

Mit dem Ende des Lindenbergs und dem Ausfall des wichtigsten Steuerzahlers der Gemeinde, begann der wirtschaftliche Niedergang des einst führenden Dorfes im Laubustal.

Heute ist der Ort zum Pflegefall der Region geworden. Statt wieder nach vorne zu schauen und neue zukunftssichere Gewerbe zu erschließen, gefallen sich verantwortliche Lokalpolitiker in fragwürdiger "Dorferneuerung" und finanzieren eine anspruchsvolle Museumskultur, die bei näherer Prüfung, mehr Schönfärberei und Brauchtumsromantik als historisches Fakten präsentiert.  

So kann man sich nicht nur über das falsche Gründungsjahr an den Lindenberg-Loren wundern, sondern fragt sich auch, warum jetzt zusätzlich noch zwei rostige Blech-Bergmänner daneben gestellt wurden.

Die Qualität und Attraktivität des Museums und der Exponate ist damit kaum verbessert worden...

Amtliches Archiv-Material zum Bergbau gäbe es zur Genüge, nur scheint sich niemand so recht darum zukümmern.

 

Hier eine Inventur-Liste der 1818 im neugebildeten Herzogtum Nassau in Münster vorhandenen Erzgruben und Steinbrüche.